Thursday, April 26, 2007

Klassenerhalt sichern! - Doch darfs ein bisserl mehr sein?

(im Eishockey World Magazin Nr.51, Mai 2007)

Klassenerhalt sichern! - Doch darfs ein bisserl mehr sein?

Aufsteiger Österreich nimmt die Weltmeisterschaften in Moskau sehr ambitioniert in Angriff. Der Verbleib in der A-Gruppe gilt als oberstes Gebot, doch Team Austria strebt höheren Zielen entgegen und will in die Zwischenrunde. Eine schwierige wenn auch nicht unlösbare Aufgabe denn in der Vorrundengruppe B warten in der Mytischi Arena die USA, Tschechien und Weißrussland.


Nach dem souveränen Wiederaufstieg will sich das österreichische Eishockeynationalteam bei der WM in Russland wieder unter den Top 16 der Welt etablieren. Den Ausrutscher bei der Heim-WM 2005 mit dem bitteren Gang in den Eishockeykeller will die Truppe um Head-Coach Giacinto „Jim“ Boni schnell vergessen machen.
Das Minimalziel „Klassenerhalt“ darf zwar nie aus den Augen verloren werden, doch laut Kapitän Dieter Kalt stehen die Chancen auf einen Platz in der Qualifikationsrunde gar nicht so schlecht. Der Angreifer in Diensten des Red Bull Salzburg liebäugelt sogar mit einem Punktegewinn im Eröffnungsspiel gegen die von Boston Bruins Coach Mike Sullivan betreuten US-Amerikaner: „Traditionell ist es so, dass die großen Nationen in der Anfangsphase einer Weltmeisterschaft nicht so homogen sind. Gegen die USA haben wir schon einmal gewonnen und auf alle Fälle Chancen.“
Ob die US-Boys den Österreichern diesen Gefallen tun bleibt fraglich. Realistisch betrachtet nimmt Österreich gegen die USA, wie auch im zweiten Vorrundenspiel gegen die Tschechische Republik, nur die Rolle des Außenseiters ein.

Um der drohenden Abstiegsrunde zu entgehen muss demnach wahrscheinlich ein Sieg im „Schicksalsspiel“ gegen die Weißrussen her. Keineswegs eine leichte Aufgabe, denn schon bei den Weltmeisterschaften 2005 im eigenen Land trafen die Österreicher in einer ähnlichen Situation auf das Team Belarus. Damals schossen die Weißrussen den Gastgeber mit 5:0 in die Relegationsrunde. Was folge war der bittere Abstieg der Rot-Weiß-Roten in die Zweitklassigkeit.

Nach der Vorbereitung mit guten Leistungen beim Loto Cup in Bratislava und dem gelungenen Auftritt beim Skoda Cup in Basel wirkt Head-Coach Jim Boni aber sehr zuversichtlich. Der Italo-Kanadier sieht sein Team auf dem richtigen Weg und lud schon Anfang April zur ersten Teamfindung, inklusive Testmatch gegen Slowenien. In dieser Phase fehlten allerdings noch die Akteure der EBEL-Finalisten Salzburg und Villach und alle Auslandsösterreicher.

Richtig ernst wurde es für das Team Austria erst beim zweiten Trainingscamp in Wien mit Spielen gegen Lettland und die Slowakei.
Kapitän Kalt sieht in diesen Matches zwar keine große Aussagekraft was die wahre Spielstärke betrifft, dennoch seien diese Tests gegen starke Mannschaften enorm wichtig um sich an das Tempo bei einer Weltmeisterschaft zu gewöhnen.
Genügend Vorbereitungszeit also für Jim Boni um das Team perfekt für die Mission Moskau 2007 einzustellen. Drei Tage bevor es am 27. April mit dem Eröffnungsspiel gegen die USA wirklich zur Sache geht absolviert Österreich noch die Generalprobe gegen WM-Gastgeber Russland. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte Boni seine Reihen endgültig gefunden haben.

Wer sind nun die Stützen die das österreichische Eishockey unter den Top 16 Nationen der Welt etablieren sollen?
Im Tor erwächst Ex-St.Louis Blues Goalie Reinhard Divis (Red Bulls Salzburg) ernsthafte Konkurrenz. Bernd Brückler absolvierte eine hervorragende Saison bei den Espoo Blues und führte seine Mannschaft bis ins Halbfinale der in der finnischen SM-Liiga. VSV-Keeper Gert Prohaska glänzte einmal mehr mit der besten Fangquote der EBEL, doch das allein dürfte für die Nummer Eins Position im österreichischen Kasten zu wenig sein.

In der Defensivabteilung finden sich mit Martin Ulrich, Andre Lakos (beide Salzburg), Gerhard Unterluggauer (Innsbruck) Robert Lukas (Wien) und Jeremy Rebek (KAC) international erfahrene Haudegen. Gute Chancen sich in Moskau ins Rampenlicht zu spielen haben Schweden-Legionär Johannes Reichel (Rögle BK) und VSV-Abwehrhüne Thomas Pfeffer.

Den nötigen Offensivdruck erwartet sich Teamtrainer Boni von der Red Bull Salzburg Armada um Thomas Koch, Matthias Trattnig, Marco Pewal und Teamkapitän Dieter Kalt. Dazu kommen noch Hannover Scorpions Neuzugang Oliver Setzinger und David Schuller von den Vienna Capitals sowie die wandelnde Sturmfrisur Markus Peintner und Roland Kaspitz aus Villach.
Eine Fixgröße im Team ist natürlich Schweden-Legionär Daniel Welser (Skelleftea HC). Hamburg Freezers Stürmer Christoph Brandner kann aufgrund seiner chronischen Bandscheibenverletzung die Reise nach Moskau leider nicht mitmachen.

Dafür schnupperten die Nordamerika-Exporte Michael Grabner, Rafael Rotter und Andreas Nödl im Vorbereitungscamp erstmals Teamluft. Ob Jim Boni für eine der talentierten Nachwuchshoffnungen, die allesamt in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag feiern, einen Platz findet, wird sich erst kurz vor Beginn der WM entscheiden.

Die besten Chancen hat jedenfalls Michael Grabner. Der First Round Pick der Vancouver Canucks (overall #14) sorgte in der abgelaufenen Saison bei den Spokane Chiefs in der Western Hockey League für Furore. Aber auch WCHA „Rookie of the Year“ Andreas Nödl, der an der St. Cloud State University auf den Spuren von Thomas Vanek wandelt, könnte zum ersten Mal das Trikot der A-Nationalmannschaft überziehen.

Apropos Thomas Vanek: Für Österreichs Eishockeyspieler des Jahres hat die Jagd auf den Stanley Cup mit den Buffalo Sabres natürlich Vorrang. Ein Einsatz des Sabres-Torjägers ist also sehr ungewiss. Ähnliches gilt auch für New York Rangers Verteidiger Thomas Pöck. Der 25jährige signalisierte aber bei einem vorzeitigen Playoff-Aus der Rangers sofort nach Moskau reisen zu wollen.

Teamgeist steht bei Österreichs Nationalmannschaft im Vordergrund. Head-Coach Jim Boni gilt als Motivationskünstler und predigt Einheit und Kollektiv als wichtigsten Faktor um den Klassenerhalt zu sichern.
Kapitän Kalt sieht den Schlüssel zum Erfolg darin, die Konzentration über 60 Minuten ohne Aussetzer halten zu können. Das war in der Vergangenheit meist das größte Problem der Rot-Weiß-Roten.