Monday, January 16, 2006

Über Geld spricht man nicht

(Eishockey Magazin, 12.01.2003)
Traumgagen, Luxuswohnungen und Privatjets. Die Öl- und Metallindustrie machen die russische Eliteliga zu einem Schlaraffenland für Eishockey-Profis und zu einer ernstzunehmenden Alternative zur NHL.

Mit Gagen bis zu einer Million Dollar steuerfrei, luxuriösen Fahrzeugen und Villen angeln Russlands Klubs nach Eishockeyprofis aus der ganzen Welt. In der, von reichen Erdöl-, Erdgas und Metallmagnaten gesponserten Eliteliga, sind Schulden ein Fremdwort. An die 200 Millionen Dollar Gesamtbudget, für 18 Vereine, machen die russische Eliteliga zur zweitreichsten Liga und vielleicht auch zweitstärksten Liga nach der NHL. Grund genug für viele russische Topspieler, dem goldenen Westen den Rücken zu kehren und im Lande von Väterchen Frost, dem Puck nachzujagen. Im Team des Vizemeisters AK Bars Kazan, beheimatet in der Hauptstadt der autonomen Republik Tatarstan, stehen mit Valeri Zelepukin (595 NHL Einsätze), Vladimir Tsyplakov (331) und Alexander Korolyuk (233), drei alte NHL-Haudegen. Eigene Ölquellen ermöglichen der Region, ein Team mit einem Budget von rund 23 Million Dollar und eigenem Privatjet, auf Meisterjagd zu schicken. Wo Erdöl fließt, scheinen auch die Scheinchen ziemlich locker zu sitzen. Das westsibirische Team, Avangard Omsk, bezieht seinen finanziellen Treibstoff auch aus der Erdölindustrie. Nach dem enttäuschenden dritten Rang im Vorjahr, holte man den tschechischen Weltmeistertrainer, Olympiasieger und Ex-Pittsburgh Penguins Coach Ivan Hlinka. Für 800.000 Dollar netto, ließ der Trainerfuchs auch gleich seine Beziehungen spielen und brachte Tomas Vlasak, Pavel Patera und Martin Prochazka in die Ölstadt. Im Dezember wurde mit NHL Veteran Jiri Slegr der fünfte Tscheche nach Omsk geholt. Darüber hinaus hat Hlinka mit Maxim Shushinsky den Topverdiener der Liga im Angriff. Der Punktekönig 2001/2002 darf sich jährlich über eine Million Dollar freuen.

Titelverteidiger Lokomotive Jaroslawl bedient sich anderer Finanzquellen. Russlands größte Lokomotivenfabrik ist Verantwortlich für die Verpflichtung des erfahrenen Angreifers Andrei Kovalenko (620 NHL-Spiele) und des 39jährigen, Ex-New York Ranger, Sergei Nemchinov (761). Weiteren NHL-Rückkehrern wie Alexander Semak (Dynamo Moskau), Sergei Krivokrasov (Amur Khabarovsk) und Dmitri Khristich (Manitogorsk) stehen aber auch Spieler mit Österreich-Vergangenheit gegenüber. Der von 1997 bis 1999 in Wien engagierte Egor Bashkatov, verdient unter Trainer Boris Mikhailov, beim SKA-St. Petersburg seine Rubel. Eine andere russische Trainerlegende hat den ehemaligen KAC-Russen Sergei Zolotov in seinem Team. Der mittlerweile 71jährige, achtfache Weltmeister und dreimalige Olympiasieger Viktor Tichonov, steht an der Bande des früheren Rote-Armee-Klubs ZSKA Moskau. Zwei andere Spieler mit Klagenfurt-Erfahrung zog es nach Kasan. Dmitri Gogolev und Dmitri Kvartalnov wollen heuer die Meisterkrone nach Tatarstan holen. Kvartalnov hat von seinen Torjägerqualitäten nichts eingebüßt. Wie im Vorjahr befindet er sich auf dem zweiten Platz der Scorerwertung. Bei 12 Toren und 14 Vorlagen fehlt nur ein Zähler auf Dynamo’s Spitzenreiter Andrei Razin. Die russische Eliteliga ist aber nicht nur darauf bedacht älteren Superstars das Taschengeld ein wenig aufzubessern.

Um nicht DEL-ähnliche Zustände zu pflegen, waren russische Offizielle clever genug, eine Beschränkung für ausländische Spieler zu schaffen (Drei sind am Eis erlaubt). Erster Leidtragender ist der tschechische Internationale Martin Prochazka. Nach der Verpflichtung von Jiri Slegr, muss der linke Flügel von Avangard Omsk, als vierter ausländischer Spieler im Team, auf der Tribüne Platz nehmen.Eine andere Reglementierung schreibt vor, dass sich mindestens drei Spieler unter 20 Jahren und zwei unter 22, im 26-Mann Kader befinden müssen. Dass diese viel Eiszeit bekommen wird eher bezweifelt, doch ist es ein guter finanzieller Einstieg in den Sport, denn die Klubs zahlen sehr gut. Nachdem die U20 Mannschaft sich den WM-Titel in Kanada sicherte, geistern im Mütterchen Russland schon einige Namen zukünftiger Superstars durch die Medien. Der erst 19jährige,#1 Overall Pick, aus dem Jahre 2001, Ilya Kovalchuk, punktet schon fleißig für die Atlanta Trashers. Heuer wird der 18jährige Nikolai Zherdov (ZSKA) als russischer Favorit für den Draft geführt. Bei der U-20 WM wurde dem Supertalent allerdings vom 17jährigen Alexander Ovechkin (Dynamo Moskau) die Show gestohlen. Einige sagen, dass kein 17jähriger seit Wayne Gretzky, dem Turnier seinen Stempel so aufgedrückt hat wie der junge Moskauer. Laut Experten gibt es keine Diskussionen, dass beim Draft 2004, Ovenchkin von jedem NHL Teams an erster Stelle gereiht wird. Von den Flügeln Yuri Trubachev (Severstal Cherepovets) und Alexander Polushin (ZSKA) unterstützt, führte der Center die russische Mannschaft zum Weltmeistertitel. Neben der Superlinie stachen noch Igor Grigorenko (Lada Togliatti) und die Verteidiger Fedor Tyutin (AK Bars) und Denis Gebeshkov (Lokomotiv Jaroslawl) besonders hervor. Ebenso wie dem Torhüter Andrei Medvedev wird diesen Cracks eine große Karriere vorhergesagt.

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