(www.spoor.ch 13.02.2006)
Torino 2006 - Mission Titelverteidigung für die Ahornblätter
Die kanadischen Superstars gelten auch in Turin 2006 als Topfavorit auf Olympisches Gold. Eine ganze Nation wird ab Mittwoch, den 15.02.2006, vor den Fernsehschirmen mitfiebern, wenn Team Canada zum Angriff auf die Goldmedaille bläst. Der Erfolgsdruck im Mutterlöand des Eishockeysports ist auf jeden Fall enorm.
Als Sportler bei Olympischen Spielen für sein Land um Medaillen zu kämpfen hat immer etwas Besonderes. Wenn das betreffende Land auch noch den Status in Anspruch nimmt als Mutterland eines Sports zu gelten, ist eine Einberufung noch höher zu bewerten. In Kanada verhält es sich mit dem Eishockeysport genau so. Die Teilnahme am Olympischen Eishockeyturnier stellt für kanadische Cracks, spätestens seit den Winterspielen in Nagano 1998, eine große Herausforderung dar. Damals nahmen nämlich erstmals auch alle NHL-Stars an Olympischen Wettkämpfen teil und machten somit das Eishockeyturnier zur Königsdisziplin bei Olympischen Winterspielen.
Der Erfolgsdruck im Mutterland des Eishockeys ist also enorm. Jeder einzelne Spieler repräsentiert nicht nur das kanadische Olympiateam, er vertritt eine ganze Nation und die Erwartungshaltung der 32 Millionen Kanadier ist immer besonders hoch. Schon die Auswahl der Olympiamannschaft wurde in den kanadischen Medien zu einem Staatsereignis aufgeputscht. Kanada ist natürlich Topfavorit auf die Goldmedaille in Turin und alles andere als ein voller Erfolg wäre eine Enttäuschung.
In der Urgeschichte der Olympischen Winterspiele hatten die Kanadier ein Abonnement auf die Goldmedaille. Bis auf den Titelgewinn von Großbritannien, bei den Spielen 1936 in Garmisch Partenkirchen, holten die Ahornblätter von 1920 – 1952 immer den Titel. Dann aber folgte eine Durststrecke von einem halben Jahrhundert, in welchem die Kanadier zwar dreimal Silber und zweimal Bronze erringen konnten, doch auf den großen Erfolg mussten die Ahornblätter bis zu den Winterspielen 2002 in Salt Lake City warten. Nach 50 Jahren sicherten sich die Kanadier endlich wieder eine Goldmedaille und erlösten damit eine ganze Nation.
Im Coaching-Bereich hat sich bei den Kanadiern seit der Goldmedaille von Salt Lake City nicht viel verändert. Als Headcoach fungiert wieder der 53jährige Pat Quinn (Toronto) und wie in Salt Lake City stehen ihm die Philadelphia Flyers Coaches Ken Hitchcock and Wayne Fleming sowie Florida Panthers Coach Jacques Martin zur Seite. Den Part des Exekutivdirektors übernimmt abermals Legende Wayne Gretzky.
Die erfolgreiche Trainerriege ist also dieselbe geblieben, doch in der Mannschaftsaufstellung hat sich bei den Ahornblättern doch einiges verändert. Die Führungspersönlichkeiten Mario Lemieux und Steve Yzerman sind in Turin nicht mehr dabei und somit tritt eine neue Generation von Schlüsselspielern ins Rampenlicht. Die Leitwölfe Joe Sakic, Jarome Iginla, Chris Pronger und Martin Brodeur führen die neue Generation an kanadischen Eishockeystars an, welche das Mutterland des Eishockeys wieder zur Goldmedaille führen soll. Immerhin kommen gleich 14 Spieler zu ihrem Olympiadebüt.
Auf der Torhüterposition ist das Team Canada so gut besetzt wie wohl keine andere Nation in diesem Turnier. Martin Brodeur (New Jersey Devils) gilt seit Jahren als Top-Goalie der NHL und hatte schon maßgeblichen Anteil beim Titelgewinn in Salt Lake City vor vier Jahren. Roberto Luongo (Florida Panthers) ist der Mann der Zukunft in der kanadischen Mannschaft und auch der dritte Keeper im Bunde, Marty Turco (Dallas Stars), spielt eine überragende Saison und gilt als wichtigster Protagonist der Dallas Stars.
Das Goalie-Trio der Kanadier ist mit Sicherheit das Beste was eine Mannschaft bei den Olympischen Spielen aufzubieten hat. Die Nummer Eins scheint fix in Händen von Martin Brodeur, doch auch Luongo und Turco haben gute Chancen auf Einsätze in der Vorrunde.
Für Altstar Curtis Joseph und andere starke NHL-Torhüter wie Ed Belfour oder Manny Fernandez gab es, trotz ansprechender Leistungen in dieser Saison, für Turin 2006 kein Ticket.
In der Verteidigung setzt man bei Team Canada durchwegs auf routinierte und physisch starke Athleten. Die Ausfälle von Ed Jovanovski (Vancouver) und Scott Niedermayer (Anaheim) schmerzen aber mit Sicherheit. Die beiden Schlüsselakteure sagten zwei Wochen vor Turnierbeginn ab, da sie an Verletzungen laborieren und sich für das letzte Drittel der NHL-Saison schonen wollen. Ob der eisläuferisch starke Jay Bouwmeester (Florida) die Schnelligkeit und Spielmacherfähigkeiten von Niedermayer nur annähernd erreicht wird sich noch weisen. Kanadische Eishockeyfans hätten lieber Calgary Flames Rookie Dion Phaneuf im Team gesehen. Durch sein hartes Körperspiel und seine offensiven Vorstöße wurde der 20jährige bereits in seiner ersten NHL-Saison zum großen Liebling der kanadischen Eishockeywelt.
Die Einberufung von Bryan McCabe (Toronto) sollte hingegen als große Aufwertung für das Offensivspiel der Kanadier gesehen werden. Der 30jährige schaffte in dieser Saison den großen Durchbruch in der NHL und zählt neben Lubomir Visnovsky (Los Angeles) und Nicklas Lidström (Detroit) zu den punktebesten NHL-Verteidigern. Seine Offensivstärke könnte für die Kanadier im Powerplay äußert wertvoll sein. In der Defensive bringt McCabe die eigene Mannschaft durch seine hohe Risikobereitschaft aber auch sehr oft in brenzlige Situationen. Im Spiel 5 gegen 5 dürfte McCabe nicht viel Eiszeit erhalten, doch im Powerplay könnte er gemeinsam mit Wade Redden (Ottawa) zu einer ernsthaften Bedrohung für die gegnerischen Teams werden. Redden ist der überragende Blueliner bei den Ottawa Senators und wird auch im Team Canada viel Verantwortung übernehmen. Der 28jährige agiert in der Defensive beinahe fehlerlos und schaltet sich auch immer wieder brandgefährlich in Angriffsaktionen ein.
Adam Foote (Columbus), Rob Blake (Colorado) und Chris Pronger (Edmonton) begehen bereits ihre dritten Olympischen Wettkämpfe und verfügen über genügend Erfahrung in entscheidenden Spielen. Pronger und Blake sind nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der neuen Regelauslegung der NHL, wieder sehr gut in Form. Einzig die Einberufung von Adam Foote wirft einige Fragezeichen auf. Der 34jährige kämpfte in dieser NHL-Spielzeit schon mehrmals mit Verletzungen und spielt eine durchwachsene Saison. Durch sein hartes Defensivspiel und seine Routine scheint er aber für Trainer Pat Quinn unverzichtbar. Mit ihm soll Olympia-Neuling Robyn Regehr (Calgary) vor dem Tor für den nötige Respekt sorgen. Der 25jährige hat sich zu einem der solidesten Verteidiger in der NHL entwickelt und kann vor dem Kasten sehr hart zupacken. Dan Boyle von den Tampa Bay Lightning reist noch in der Reserve mit nach Turin und wird nur im Falle einer Verletzung in den Kader rutschen.
Längere Diskussionen gab es im Vorfeld auch über die Nichtberücksichtigung der Jungstars Eric Staal (Carolina), Jason Spezza (Ottawa) und Wunderkind Sidney Crosby. Staal und Spezza sind, wie Verteidiger Boyle, zwar teil der „taxi squad“ doch viele Eishockeyfans können den Verzicht auf die beiden groß aufspielenden Jungstars nicht ganz nachvollziehen.
Aufgrund der Fülle an möglichen Kandidaten fällt eine Auswahl für das Team Canada aber naturgemäß sehr schwer. Die Trainerriege einigte sich bei ihrer Auswahl für das „Dream Team „ von Turin auf eine Mischung von routinierten NHL Akteuren und hungrigen jungen NHL-Spielern - allesamt mit genügend internationaler Erfahrung. Für Staal, Spezza und Crosby werden sich noch zahlreiche Chancen auf ein Engagement im Nationalteam ergeben. Spätestens bei den Olympischen Wettkämpfen im Jahre 2010.
Angeführt werden die Ahornblätter von Joe Sakic. Der 36jährige ist seit 1992 Kapitän im Team der Colorado Avalanche und war schon bei den Winterspielen 2002 und dem World Cup of Hockey als Assistenzkapitän für das kanadische Team im Einsatz. Das bisherige Auftreten des neuen Kapitäns im Nationalteam war auch meist von Erfolg gekrönt. Sowohl bei den Junioren Weltmeisterschaften 1988, den Weltmeisterschaften 1994, den Olympischen Winterspielen 2002 als auch beim World Cup of Hockey 2004 errang Sakic mit dem Team Canada Platz Eins. Sakic gilt als Ruhepol und wird das Erbe eines Mario Lemieux mit Sicherheit bravourös erfüllen.
Wahrscheinlich wird Sakic in Turin mit Calgary Flames Star Jarome Iginla und Simon Gagne (Philadelphia) auf Torjagd gehen. Gagne brachte es in der aktuellen NHL-Saison auf 37 Treffern und kämpft gemeinsam mit Jaromir Jagr (40) und Ilya Kovalchuk (37) um die Torjägerkrone. Iginla hat seine Scorerfähigkeiten im Laufe der aktuellen Saison wieder zurück gewonnen und ist in jeder Spielsituation einsetzbar.
Die zweite Angriffsformation könnte aus Rick Nash (Cloumbus), Joe Thornton (San Jose) und Dany Heatley (Ottawa) bestehen und für weitere geballte Offensivkraft sorgen. Thornton hat die Tormaschine Nash bei internationalen Vergleichen schon öfter mit präzisen Pässen gefüttert und mit Heatley am Flügel hätte der Spielmacher der San Jose Sharks einen weiteren effektiven Vollstrecker an seiner Seite.
Headcoach Quinn wird wahrscheinlich auch den Tampa Bay Block mit Brad Richards, Vincent Lecavalier und Martin St. Louis zusammen aufs Eis schicken. Die überragende Sturmformation des Stanleycup Siegers 2004 ist zwar heuer nicht in der Form der Saison 2004-2004, doch das Trio ist perfekt eingespielt und während eines so kurzen Turniers könnte dies einen enormen Vorteil bedeuten.
Kanada hat bei der Auswahl für das Olympiateam aber auch auf seine Grinder-Linie nicht vergessen. In der vierten Reihe versammeln sich die besten Defensivstürmer der NHL. Möglicherweise ein wichtiger Faktor im Kampf um Gold, denn keine andere Mannschaft verfügt über ein derartiges Ensemble von kampfstarken Defensivstürmern. Shane Doan (Phoenix), Kris Draper (Detroit) und Ryan Smyth (Edmonton) sollen die gegnerischen Topscorer entschärfen und können sich 100prozentig in den Dienst einer Mannschaft stellen. Draper zählt seit Jahren zu den besten Unterzahlspielern der NHL und auch Doan ist ein unglaublich kampfstarker Akteur mit herausragenden Defensivqualitäten. Smyth hat seit Jahren einen Stammplatz im Team Canada und wird sich auf die Rolle in der Zerstörerlinie auch bestens einstellen können.
Bleibt noch Power Forward Todd Bertuzzi, der sich vor dem gegnerischen Gehäuse sehr dominant in Szene setzten kann und es nie scheut auch dorthin zu gehen wo es wirklich weh tut. Einer der Besten NHLer um für Verkehr vor dem gegnerischen Gehäuse zu sorgen.
Ob, und in welcher Formation er zum Einsatz kommen wird scheint allerdings ungewiss.
Team Canada ist auf allen Positionen sehr gut besetzt. Neben dem besten Goalie-Trio des Turniers verfügt Headcoach Pat Quinn auch über eine körperlich starke und sehr solide Defensive, welche auch mit einigen herausragenden Offensivverteidigern bestückt ist. Joe Sakic gilt als überragende Führungspersönlichkeit und wird die Armada an talentierten und hungrigen Jungstars als Kapitän anführen. Die Ahornblätter sind der Topfavorit auf die Goldmedaille, doch alle anderen Teams werden sich gegen Kanada besonders ins Zeug legen.
Tuesday, February 14, 2006
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