Thursday, February 09, 2006

Torino 2006 – Goldfavorit Tschechien und der kleine Bruder Slowakei

(www.spoor.ch 08.02.2006)

Torino 2006 – Goldfavorit Tschechien und der kleine Bruder Slowakei
Im vierten Teil unserer Vorberichterstattung zum Olympischen Eishockeyturnier in Turin blicken wir auf den Titelkandidaten Tschechien. Auf der Rechnung sollte man allerdings auch den Nachbar aus der Slowakei haben.

Slowakei – Alles auf Offensive
Geballte Offensivkraft ist jenes Schlagwort, das bei kurzer Betrachtung des Kaders der Slowakischen Republik sofort durch den Kopf schießt. Bei Namen wie Pavol Demitra (Los Angeles), Miroslav Satan (NY Islanders), Marian Hossa, Peter Bondra (beide Atlanta), Jozef Stumpel (Florida), Richard Zednik (Montreal) und Michael Handzus (Philadelphia) könnte so manch andere Top-Nation sogar ein wenig neidisch werden.
Das Karriereende von Zigmund Palffy und der verletzungsbedingte Ausfall von Ladislav Nagy (Phoenix) schmerzen da gar nicht so sehr, denn zu den etablierten NHL-Stars gesellen sich noch die Jungstars Marian Gaborik (Minnesota), Marek Svatos (Colorado) und Marcel Hossa (NY Rangers) sowie die Olympia-erprobten Richard Kapus (Novukuznezk) und Lubos Bartecko (Lulea IF). Die beiden Europa-Legionäre sind gemeinsam mit Verteidiger Maritn Strbak (CSKA Moskau) und den Goalies Jan Lasak (Pardubice) und Karol Krizan (MoDo Hockey) die einzigen Akteure die ihr Geld nicht in der NHL verdienen.

Die Slowakei sollte bei den Olympischen Wettkämpfen also durchaus in der Lage sein ein Offensivspektakel der besonderen Art auf das Eis zu zaubern. Teamchef Frantisek Hossa hat die Aufgabe aus der Vielzahl an Topspielern ein funktionierendes Ensemble zu schmieden. Da seine Philosophie auf schnelles und offensives Angriffspiel ausgerichtet ist, müssten die Superstars mit dem Offensivsystem auch richtig gut zurecht kommen.
Die beste Olympia-Platzierung erreichte die eishockeyverrückte Nation mit einem sechsten Rang bei den Winterspielen 1994 in Lillehammer. In Nagano 1998 und Salt Lake City 2002 enttäuschten die Slowaken und mussten sich mit Platz 10 beziehungsweise Platz 13 zufrieden geben. Durch die Abschaffung der Qualifikationsrunde sind heuer aber erstmals alle NHL-Stars der Slowaken von Beginn an mit dabei.

Da Eishockeyspiele aber nicht alleine im Angriffsdrittel entschieden werden, wollen wir auch die Hintermannschaft der Slowakei genauer unter die Lupe nehmen. In der Defensive kann das Team von Frantisek Hossa zwar nicht mit der Masse an Superstars aufwarten wie im Angriff, doch auch die Defensivabteilung muss sich nicht versteckten.
Verteidigungshühne Zdeno Chara (Ottawa) und Lubomir Visnovsky (Los Angeles) sind die Protagonisten im Defensivkonzert der Slowaken. Beide Akteure verfügen über die notwendige Übersicht, einen harten Schuss und sind in den Special-Teams zu unverzichtbaren Größen in ihren NHL-Klubs aufgestiegen. Die Kollegen Ivan Majesky (Washington), Radoslay Suchy (Columbus) und Routinier Martin Strbak sind allesamt erfahrene NHL-Akteure und gelten als fixe Größen in der besten Liga der Welt. Ergänzt wird die Hintermannschaft noch durch die Jungstars Milan Jurcina (Boston) und Andrej Meszaros (Ottawa). Beide spielen bislang ausgezeichnete Rookie-Saisonen in der NHL und sollten kein Problem haben sich im Team zu etablieren.

Einzig die Torhüterposition wirft bei den Slowaken schon traditionell einige Fragezeichen auf. Stammtorhüter Jan Lasak hat bei internationalen Wettkämpfen schon reichlich Erfahrung gesammelt und gilt, aufgrund seiner Reflexe, an manchen Abenden als unüberwindbar. Allerdings erwischt der 26jährige ab und an auch ziemlich schlechte Tage, an denen er unkonzentriert wirkt und vermeidbare Treffer kassiert.
Ersatzmann Karol Krizan machte in dieser Saison in der Schwedischen Elitserien bei MoDo Hockey mit überragenden Leistungen auf sich aufmerksam, doch auf internationalem Parkett fehlt dem 25jährigen die nötige Routine. Ähnliches gilt auch für Petr Budaj. David Aebischers Back Up hat in seiner Rookie-Saison zwar schon einige Einsätze für die Colorado Avalanche bestritten, doch auch ihm fehlt wahrscheinlich die nötige Konstanz um gegen die Armada von erfahrenen NHL-Scorern zu bestehen.

Sollte die slowakische Angriffswelle effektiv ins Rollen kommen und Lasak, wie beim WM-Titel 2002 in Schweden, über sich hinauswachsen sind die Slowaken ein ernstzunehmender Konkurrent für Olympisches Edelmetall. Immerhin stehen noch 16 Spieler der Weltmeistermannschaft im Aufgebot und in Punkto Herz, Einstellung und Nationalbewusstsein kann den Slowaken bei internationalen Wettkämpfen ja sowieso keine andere Nation das Wasser reichen. „Slovensko“ auf keinen Fall außer Acht lassen.


Tschechien – Der Weltmeister greift auch nach Olympia-Gold
Das Team der Tschechischen Republik zählt in Turin 2006 zu den Topfavoriten im Kampf um die Goldmedaille. Nach dem glorreichen Olympiasieg 1998 in Nagano scheiterte die tschechische Mannschaft zwar in Salt Lake City 2002 schon im Viertelfinale an Russland, doch bei der letztjährigen Weltmeisterschaft in Österreich agierten die Tschechen taktisch und spielerisch überragend und holten als zusammengeschweißte Einheit den fünften WM-Titel in der jungen Geschichte der Republik.

15 Spieler des regierenden Weltmeisters sind auch ab dem 15. Februar in Turin mit dabei und bis auf Liberec-Torhüter Milan Hnilicka vertraut Teamchef Alois Hadamczik durchwegs auf NHL-erfahrene Profis. Hnilicka kann sich den Olympia-Ausflug aber ohnehin mit Sightseeing vertreiben, denn im Kasten der Tschechen werden sich mit großer Sicherheit Tomas Vokoun (Nashville) und Dominik Hasek (Ottawa) die Aufgaben teilen. Wer von diesen beiden in den entscheidenden Spielen den Vorzug erhält bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall eine schwierige Entscheidung für den neuen Trainer Alois Hadamczik, denn sowohl der „Dominator“ als auch Weltmeister Vokoun befinden sich derzeit in bestechender Form.

Auch in der Abwehr sind im Kader der Tschechen keine merklichen Schwachstellen erkennbar. Die Offensivverteidiger Marek Zidlicky (Nashville), Pavel Kubina (Tampa Bay), Jaroslav Spacek (Chicago) sowie die Kaberle-Brüder Tomas (Toronto) und Frantisek (Carolina) verfügen neben Spielgestalter-Qualitäten allesamt auch über herausragende Blueliner-Fähigkeiten. Die perfekte Ergänzung liefern die eher defensiv orientierten Filip Kuba und Marek Malik, welche auch als beinharte Aufräumer für physische Präsenz vor dem Tor sorgen werden. Der Dichte an qualitativ hochwertigen Spielern fielen Jaroslav Modry (Atlanta) und Stammspieler Roman Hamrlik (Calgary) zum Opfer. Für die beiden Defensiv-Routiniers gab es diesmal kein Olympiaticket. Detroit Red Wings Verteidiger Jiri Fischer musste aufgrund gesundheitlicher Probleme passen und es ist äußerst fraglich ob der 25jährige seine Karriere überhaupt noch fortsetzen kann.

Im Angriff hoffen rund zehn Millionen Tschechen auf eine erneute Galavorstellung von Superstar Jaromir Jagr. Seit dem WM-Titel aus dem Vorjahr scheint der Großverdiener wieder so richtig Lust auf Eishockey bekommen zu haben und führt derzeit die Punkteliste der NHL mit 80 Zählern (35 Tore 45 Assists) an. Seine New York Rangers Teamkollegen Martin Straka und Martin Rucinsky werden dem Superstar auch in Turin zur Seite stehen. Jagr’s Zögling Petr Prucha ist aufgrund einer Knieverletzung außer Gefecht und muss Olympia sausen lassen. An seiner Stelle wurde der wieder genesene Patrik Elias (New Jersey Devils) nachnominiert.

Die Eckpfeiler des tschechischen Angriffs findet man aber nicht nur im näheren Umkreis des Big Apple. Vaclav Prospal (Tampa Bay), Ales Hemsky (Edmonton), Martin Erat (Nashville) und David Vyborny (Columbus) nehmen in Turin zwar zum ersten Mal an Winterspielen teil, doch in ihren Klubs gelten allesamt als unersetzliche Schlüsselspieler. Milan Hejduk (Colorado) und Robert Lang (Detroit) sind hingegen alte Bekannte in der tschechischen Nationalmannschaft und bringen neben Scorer-Qualitäten auch die nötige Routine mit.

In Anbetracht der fulminanten Offensivstärke, hat sich im tschechischen Team immer ein kleines Handicap im Defensivbereich aufgetan. Damit nun auch in den Sturmformationen die Verteidigungsarbeit nicht zu kurz kommt, nominierte Trainer Hadamczik mit Petr Cajanek (St. Louis), Rostislav Olesz (Florida) und Jan Bulis (Montreal) zweikampfstarke Akteure, die an beiden Enden des Eisrinks äußerst wertvoll in Erscheinung treten. Die Einberufung von Montreal Canadiens Stürmer Jan Bulis sorgte für sehr viel Gesprächsstoff unter tschechischen Eishockeyexperten. Der Defensiv-Center war noch nie in einer tschechischen Auswahl vertreten und verurteilte Radek Dvorak (Edmonton), Martin Havlat (Schulterverletzung) und Ales Kotalik, der in Buffalo seine bislang beste NHL-Saison erlebt, zum Daheimbleiben.

Als erfahrene Turniermannschaft wissen die Tschechen genau worauf es in einem Olympischen Eishockeyturnier ankommt. Sie werden versuchen ihre eisläuferischen und stocktechnischen Vorzüge auszuspielen und können mit Fortdauer eines Turniers immer noch einen Gang höher schalten. Zudem können sie sich auf einen Weltklasse-Torhüter verlassen und ein Jaromir Jagr in Topform kann Spiele noch immer im Alleingang entscheiden. Alles andere als eine Medaille wäre für Tschechien eine Enttäuschung.

1 comment:

Anonymous said...

Vergiss die Russen nit!
Ovecchkin und Kovalchuk führen die Torjägerliste an!

Heuer wird es wieder klappen für die Sburnaja!