Monday, January 16, 2006

Daheim ist es doch am schönsten

(Eishockey World, Januar 2005)

Gaborik, Hossa und Demitra mischen die slowakische Liga gehörig auf

Eishockey ist in der Slowakei Religion. Spätestens seit dem Weltmeistertitel 2002 in Schweden scheint es fast unmöglich im 5,5 Millionen Einwohner Staat irgendjemanden ohne Bekenntnis zu finden. Das Mekka des Eishockeysports findet sich im neuen EU-Land am Fuße der Weißen Karpaten. Die Stadt heißt Trenčin, beheimatet 60.000 Einwohner und ist die Heimstätte des slowakischen Traditionsvereins Dukla Trenčin. Und ähnlich wie mit der Kaaba in Mekka, verhält es sich im westslowakischen Städtchen mit dem Eisstadion. Das Zimný Stadion, ein kalter, schon etwas in die Jahre gekommener Betonquader gilt als Zentralheiligtum der Stadt, in den Woche für Woche Menschenmassen zu den Matches der Rot-Gelben pilgern.

Der ehemalige Militärsportklub Dukla Trenčin gilt in Insiderkreisen schon seit langem als traditionsreiche Talentschmiede. Daher tummeln sich neben einigen Touristen auch immer wieder NHL-Scouts in der Stadt an der Waag. Dass diese bei der Suche nach Eishockey-Talenten in Trenčin schon sehr oft fündig geworden sind, beweisen einige Namen die sich das rot-gelbe Trikot von Dukla im vergangenen Jahrzehnt überstreifen konnten um später internationale Karriere zu machen. Miroslav Satan, Zdeno Chara, Richard Lintner, Robert Petrovicky, Sigmund Palffy und Robert Svehla sind nur einige Beispiele für Eishockey Exporte aus Trencin.

Aufgrund der Unstimmigkeiten zwischen Klubbesitzern und der Spielergewerkschaft der NHL, kehrten diesen Sommer die drei größten Söhne Trenčins zu ihrem Stammverein Dukla zurück. Pavol Demitra, Marian Hossa und Marian Gaborik verbindet aber nicht nur eine enge Freundschaft. Sie sind auch Teilhaber des Eishockeyklubs Dukla Trenčin und mischten die Slowakische Extraliga in den ersten Monaten der Saison 2004/2005 gehörig auf. Trotz zahlreicher lukrativer Angebote aus anderen europäischen Ligen war es für die drei von Anfang an klar, dass eine Verschiebung oder ein möglicher Ausfall der NHL-Saison nur mit einer Rückkehr zum Stammverein nach Trenčin verbunden ist. Um Geld geht es den drei Ausnahmekönnern beim Engagement in ihrer Heimatstadt nicht. „Wir kriegen kein Geld. Aber wir wollen den Menschen hier etwas zurückgeben, schließlich haben wir Trenčin viel zu verdanken“ umschreibt Demitra die Motivation für Dukla Trenčin auf Punktejagd zu gehen. Angesprochen, ob er seine Zeit als Urlaub sehe, meint der mittlerweile 30jährige Familienvater: „Es freut mich sehr wieder einmal länger zuhause zu sein. Seit zwölf Jahren war ich nicht mehr so lange daheim wie heuer. Die Zeit mit der Familie ist unbeschreiblich.Doch ich muss mich natürlich auch mit Eishockey fit halten.“

Demitra war auch der erste des glorreichen Trios, der auszog um in der NHL Fuß zu fassen. Im entry draft 1993, in der neunten Runde als overall Pick Nummer 227, zu den Ottawa Senators gestoßen hatte es der damals 19jährige, am Beginn seiner NHL- Karriere alles andere als leicht. „Am Anfang gab es aufgrund der Sprache einige erhebliche Schwierigkeiten. Ich ging nach Übersee ohne ein Wort Englisch zu sprechen und musste mich als Persönlichkeit und Eishockeyspieler erst behaupten. Die Zeit in den Farmteams war überaus hart.“ Den großen Durchbruch schaffte der Slowake als er im Jahr 1996 von den Ottawa Senators zu St. Louis Blues transferiert wurde. Der damals neue Coach, Joe Qunneville, setzte von Beginn an auf die Torgefährlichkeit und technische Stärke des Slowakischen Centers. „Ich habe dem Coach viel zu verdanken, er gab mir eine Menge Eiszeit und ich durfte in meinem ersten Jahr bei den Blues an der Seite von Brett Hull und Geoff Courtnall spielen.“ Seither ist Demitra nicht mehr aus dem Kader der Blues wegzudenken. Der Slowake etablierte sich als erfahrener Spielmacher mit exzellenten Scoring-Qualitäten. Sein Teamkollege Dallas Drake über die Stärken Demitras: „Es ist unglaublich was er auf engstem Raum mit dem Puck kann. Er hat die Ruhe und die Übersicht in den Ecken zu warten und dann das Spiel zu machen. Er ist einer der Wenigen die das wirklich können.“ In der Saison 1999/2000 wurde Demitra mit der Lady Byng Memorial Trophy, für faires Spiel auf höchstem Niveau, ausgezeichnet. Nachdem er ein Jahr später mit den Blues nach fünfzehnjähriger Durststrecke wieder in einem Conference-Finale stand, verbuchte er in der darauf folgenden Spielzeit, mit 93 Punkten, seine bisher punktebeste regular season. Dies brachte dem dreifachen NHL-All Star einen, mit 6,5 Millionen Dollar, dotierten Vertrag.

Demitra wird allerdings nachgesagt, nur ein Superstar der regular season zu sein und in den play off’s, wie das ganze Team in St. Louis, immer zu enttäuschen. Die Blues haben aufgrund enormen Spielergagen (kolportierte 58 Millionen Dollar) in der Saison 2003/2004 für die heurige Saison die Finanz-Schrauben etwas härter angezogen. Grund genug für General Manager Larry Pleau den 6,5 Millionen Dollar Vertrag von Pavol Demitra in diesem Sommer nicht mehr zu verlängern. Seither genießt Demitra den Status eines unrestricted free agents und wird mit unzähligen NHL- Teams in Verbindung gebracht. Auf die Spekulationen, die ihn im Sommer mit den New York Rangers in Verbindung gebracht haben, reagiert der Slowake besonnen: „Angebot von den Rangers hab ich keines vorliegen. Ich warte vorerst einmal einige Offerte ab. Auf jeden Fall möchte ich zu einem Team, das den Stanley Cup gewinnen kann. Erstes Ziel meiner Karriere ist es den Stanley Cup zu holen.“Wo der 180cm große Slowake in Zukunft seine Brötchen verdienen wird steht also noch in weiter Ferne. Einen fixen Wechsel nach Europa schließt Demitra, auch nach Karierende, definitiv aus. „Ich will in der NHL noch vier bis fünf Jahre spielen und dann soll mit dem Eishockey Schluss sein.“

In der Saison 1996/97, als Pavol Demitra den Ottawa Senators den Rücken kehrte und nach St. Louis kam, wurden die Scouts der Senatoren auf einen weiteren jungen Stürmer in den Diensten von Dukla Trenčin aufmerksam. Marian Hossa scorte, als 17jähriger, in dieser Saison im Schnitt mehr als einen Punkt pro Match und ging als overall Nummer 12, in der ersten Runde des entry drafts zu den Ottawa Senators. Im ersten Jahr in Kanada war Hossa noch für die Portland Winter Hawks in der WHL tätig und wurde mit 104 Punkten aus 69 Spielen mit der Jim Piggott Memorial Trophy (WHL Rookie of the year) ausgezeichnet. Bereits im darauf folgenden Jahr holten die Ottawa Senators den rechten Flügel in ihre Stammformation. Seither eifert der ruhige und interviewscheue Slowake seinem Vorbild Petr Stastny nach und zählt zu den absoluten Top-Scorern der Senatoren. Hossa spielte bereits dreimal im NHL-All Star Game und hat einen gültigen Vertrag, der ihm alle zwei Wochen einen Scheck über 35.000 Dollar beschert. Wie seine Kollegen Demitra und Gaborik zog es den 185cm großen Stürmer, aufgrund des Lockouts, im Sommer zu seinem Stammverein Dukla Trenčin. In den ersten 19 Spielen verbuchte er 30 Scorerpunkte und harmonierte blind in der Linie mit Gaborik und Demitra. Dem Ruf seines Bruders Marcel folgend, wechselte Marian Hossa Anfang November in die schwedische Elitserien zu Mora IK. Dort spielt er mit seinem Freund Rastislav Pavlikovsky in einer Sturmreihe und erzielt, wie gewohnt, Tore am Fliessband. Mora IK wurde noch im September als sicherer Abstiegskandidat gehandelt, doch durch das Engagement von Shawn Horcoff, Daniel Cleary und Marian Hossa ist das Team nun im oberen Drittel der Tabelle zu finden. Sollte die NHL Saison heuer nicht mehr stattfinden, verlässt Hossa, Anfang Februar, den hohen Norden wieder in Richtung Trenčin. Dann will er natürlich nicht fehlen um in den Play offs mit seinen kongenialen Sturmpartnern für seinen Heimklub auf Titeljagd zu gehen.

Der jüngste Sohn der slowakischen Talentschmiede Dukla Trenčin gilt auch das größte slowakische Eishockeytalent der letzten Jahre. Im zarten Alter von 16 Jahren spielte Marian Gaborik schon in der Kampfmannschaft von Dukla Trenčin. Zwei Jahre später sicherten sich die Minnesota Wild seine Dienste und zogen Gaborik als ersten Draftpick ihrer jungen Klubgeschichte. Als Nummer 3 Erstrunden-Pick im entry draft 2000 standen nur Goalie Rick DiPietro und Dany Heately vor ihm. Gaborik wurde seinem Ruf als Top-Scorer und pfeilschneller Eisläufer mehr als gerecht. In seiner Rookie-Saison verbuchte er die meisten Punkte der Wild und ist bis zum heutigen Tage der Spieler mit den meisten Scorerpunkten in Minnesota. Gaborik hält bei 96 Toren und 112 Vorlagen in 295 Spielen. Überdies erzielte der 22jährige Slowake das erste regular-season-Tor sowie das erste Powerplay-Tor für die Wild in deren Klubgeschichte. Gaborik wurde auch als bisher einziger Spieler der Minnesota Wild für ein All Star Match einberufen und gewann dort gleich die NHL’s fastest Skater Competition.

Nach dem Einzug ins Western Conference Finale 2003 lehnte er im darauf folgenden Sommer ein Angebot für einen Vierjahresvertrag über 9,2 Million, ab, verzichtete auf die ersten 20 NHL-Matches, und spielte als Überbrückung für seinen Heimverein Dukla Trenčin. Der Vertragspoker, des damals 21 jährigen, sicherte ihm schlussendlich einen Dreijahresvertrag, dotiert mit 10 Millionen Dollar plus Bonuszahlungen. Gaborik bestreitet sein Off-Season-Programm im Sommer immer in Trenčin und trifft sich dort mit den Kollegen Hossa und Demitra zum Hockeyball, einer in der Slowakei sehr populären Variante des Streethockeys, auf Asphalt mit Turnschuhen.Das Wiedersehen mit den Freunden in dieser Saison dauerte allerdings etwas länger. Auch Gaborik geht seit Saisonbeginn für Dukla Trenčin auf Torjagd. Anfang November verletzte er sich zwar an der Leiste, doch schon Mitte Dezember stand der Jungstar wieder im Eishockey-Rink und verzauberte gemeinsam mit Pavol Demitra das eishockeyverrückte Städtchen beim Sieg gegen den Erzrivalen Slovan Bratislava.

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