Monday, January 16, 2006

Hochklassig und spannend bis zum Schluss

(Eishockey World, Juni/Juli 2005)

Hochklassig und spannend bis zum Schluss - Österreich blickt auf eine erfolgreiche Saison 2004/2005 zurück
Die Erste Bank Eishockey Liga erlebte in der abgelaufenen Saison die wohl erfolgreichste Spielzeit seit Langem. Zahlreiche NHL-Spieler fanden den Weg ins Alpenland und lockten Scharren von Zusehern in die österreichischen Eishallen. In der ausgeglichensten und spannendsten Meisterschaft seit Jahren schrieben die Vienna Capitals, am zwölften April, ein kleines Stück Eishockeygeschichte. Nach jahrzehntelanger Durststrecke holten die Wiener, erstmals seit 1962 (WEV), den Meisterpokal wieder in die Hauptstadt. Das Team des Italo-Kanadiers Giacinto „Jim“ Boni dominierte, ab Mitte der Saison, seine Gegner phasenweise nach Belieben. In der Zeit vom 4.11.2004 bis 20.02.2005 legten die Capitals eine unglaubliche Serie hin- 24 Partien in Folge ging man ungeschlagen vom Eis.

Mit Bob Wren (ehemals Augsburg) werkte der überragende Spieler der Liga an der Donau. Der quirlige Kanadier war der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der Capitals und bediente mit Zauberpässen die Vollstrecker Mike Craig und Markus Peintner. Wenn die erste Sturmreihe einmal nicht so wirkungsvoll agierte sprang die zweite Linie, um Nationalteam-Kapitän Dieter Kalt, in die Bresche. Kalt’s kongenialer Sturmpartner Dave Chyzowski, mit den Vorschusslorbeeren einer launischen Diva aus Graz gekommen, strafte seine Kritiker Lügen, spielte überaus effizient, sehr diszipliniert und ungewohnt mannschaftsdienlich. Auch die Verteidiger Darcy Werenka und Robert Lukas beteiligten sich sehr eindrucksvoll am Offensivspiel des neuen Meisters. Ex Nürnberg Ice Tigers Torhüter Frederic Chabot kämpfte lange Zeit mit Formschwankungen. Doch ab Mitte der Saison verstummte die Kritik an seinen unkonstanten Leistungen jäh. In den Play Offs wurde der Frankokanadier zum wichtigsten Spieler seiner Mannschaft gewählt. Dramatik pur war im Finale gegen Rekordmeister KAC angesagt. Vor eigenem Publikum rangen die Vienna Capitals den Titelverteidiger erst im entscheidenden siebenten Finalspiel mit 6:2 nieder. Davor hatten beide Teams ihre jeweiligen drei Heimspiele verloren.

Beim Finalgegner aus Klagenfurt begann die Saison mit einem Knalleffekt. Stunden vor dem Anpfiff des ersten Saisonmatches wurde Chris Bartolone aus dem Kader entlassen. Trainer Mats Waltin über den Italo-Kanadier: „Bartolone hat zwar die Vorbereitung gut mitgemacht, er passt aber überhaupt nicht in mein Konzept." Das Konzept von Waltin lautet Torpedo-Hockey, doch davon hat man heuer in Klagenfurt leider nur wenig gesehen. Die junge Mannschaft des KAC war aber als einziges Team im Stande den Vienna Capitals wirklich Paroli zu bieten, denn mit vier, annähernd gleich starken Linien verfügten die Klagenfurter über den kompaktesten Kader der gesamten Liga. Zur Saisonhälfte schlitterten die Rot-Weißen, aufgrund zahlreicher Verletzungen, in ein längeres Tief, welches erst nach der Verpflichtung von NHL-Goalie Dan Clouiter überwunden werden konnte. Im Herzschlagfinale gegen die Vienna Capitals zelebrierten die Rotjacken sehenswertes Eishockey und schrammten nur knapp am 29ten Titel der Vereinsgeschichte vorbei.Neben Top-Torjäger Tony Iob (Ex-Köln) und Steve Washburn (Ex-Hamburg) sorgte vor allem Bartolone-Ersatzmann Mike Siklenka für Furore. Der kanadische Verteidigungsriese, räumte vor dem Tor gehörig auf und zeigte zudem auch vorzügliche Scoringqualitäten. Einziges Manko: Der 24jährige hatte seine Nerven teilweise nicht im Griff und kassierte 200 Strafminuten in 51 Spielen. Den größten Anteil an der starken Leistung des KAC hatten aber die überragenden Goalies. Mit Andrew Verner (früher Köln und Hannover) der, Anfang Jänner, aufgrund einer Leistenverletzung die Saison abhaken musste und Ersatzmann Dan Cloutier von den Vancouver Canucks verfügte der KAC über das eindeutig beste Torhüter- Gespann der Liga.

Den geologischen Gegebenheiten des Landes Tirol angepasst, kann man beim HC Tiroler Wasserkraft Innsbruck in dieser Saison von einer Berg- und Talfahrt sprechen. Das Erreichen des Halbfinales war zwar „offizielles“ Saisonziel, doch trotz kostspieliger Investitionen konnten die Haie nie wirklich überzeugen. Um die Zuseher, im Hinblick auf die Weltmeisterschaften, mit Eishockey der Extraklasse zu verwöhnen, rüstete man in Innsbruck gewaltig auf. Mit Tommy Samuelsson (bei der WM neben Bengt-Ake Gustafsson auf der Trainerbank der Tre-Kronors) wurde ein Spitzentrainer engagiert, zudem sicherte man sich die Dienste von Martin Hohenberger, Gerhard Unterluggauer, Andreas Pusnik, Roland Kaspitz und Raimund Divis - allesamt erfahrenen österreichische Nationalspieler. Die Einheimischen „Haie“ erfüllten ihre Aufgaben teilweise recht ordentlich, doch die, für die österreichische Liga so wichtigen Legionäre, entpuppten sich als zahnlos. Vor allem dem Schweden-Quartett Zetterberg, Rahm, Nordfeldt und Johansson fehlte der nötige Biss.Erst mit der Verpflichtung von NHL-Crack Brad Isbister kam neuer Schwung ins Tiroler Haifischbecken. Der Edmonton Oilers Power Forward rüttelte das Team mit unbändigem Einsatz und harten Checks wieder wach. Expertenmeinungen zufolge kam sein Engagement, Anfang Februar, aber doch etwas zu spät. Im Semifinale war für die Haie gegen den KAC Endstation.

Der Villacher SV machte heuer vornehmlich durch Personalrochaden von sich Reden. Nach dem schlechtesten Saisonstart seit Jahren holte man im Oktober den St. Louis Blues Goalie Reinhard Divis, der sich allerdings im Jänner an der Schulter verletzte und erst wieder im Halbfinale sein Comeback gab. Seine Schulterverletzung wurde aber wieder akut und Divis musste endgültig passen. In der Vorweihnachtszeit war beim Vorstand Handlungsbedarf angesagt und Anaheim Mighty Duck Jason Krog durfte sich auf ebenbürtige Mitspieler freuen. Die enttäuschenden Kanadier Penney und Malkoc wurden gegen Dan Gauthier (HC Asiago) und Ethan Moreau (Edmonton Oilers) ausgetauscht. Knapp zwei Wochen nach Weihnachten waren auch die Tage von Trainer Blair Macdonald (spielte zwei Jahre an der Seite von Wayne Gretzky bei den Edmonton Oilers) gezählt. Mit Greg Holst kehrte Anfang Jänner jener Mann auf die Trainerbank zurück, der den VSV in der Spielzeit 2003-2004 ins Finale geführt hatte. Unter Holst wurden die Blau-Weißen zunehmend stärker, obgleich die Leistungen immer noch schwankten. Zum letzten fliegenden Wechsel, kam es in Villach dann Mitte Februar. Als sich der Slowene Thomaz Vnuk am Knie verletzte angelte der VSV abermals in NHL-Gewässern und zog, mit Eric Weinrich von den St. Louis Blues, den bisher größten Fisch an Land. Der 38 jährige „Vino“ schlug in der Draustadt auf Anhieb ein und die Villacher erreichten mit einem fulminanten Endspurt und tatkräftiger Schützenhilfe des Erzrivalen KAC doch noch das Semifinale. Dort war allerdings gegen die Vienna Capitals nichts mehr zu holen. Der Abgang zahlreicher Eigenbauspieler konnte auch durch das Engagement der namhaften NHL-Profis nicht wettgemacht werden und der VSV spielte über die gesamte Saison nie entscheidend an der Spitze mit.

Das Low-Budget Team der Graz 99ers verpasste nur um Haaresbreite das Semifinale. Trainer Mike Zettel formte auch diese Saison ein homogenes Team, welches sich auf einfaches und beherztes Hockey konzentrierte. Für die nötigen Treffer sorgte der Top-Torjäger der Liga Warren Norris (40 Tore in 44 Spielen). Nicht ganz nachzuvollziehen war die Vertragsauflösung von Conny Strömberg mit Ende Jänner. Der bis dato punktebeste 99ers-Spieler wurde zugunsten des Verteidigers Jamie Mattie aus dem Kader entlassen. In den letzten Spielen im Grunddurchgang lieferten sich die Grazer mit dem VSV einen harten Kampf um die Semifinal- Teilnahme. Am letzten Spieltag galt es, im Heimspiel, den KAC zu schlagen. Trotz zwischenzeitlicher 3:1 Führung verlor man das Spiel noch im Penaltyschießen. „Ich bin sprachlos. Am Ende hat uns einfach das nötige Glück gefehlt“, resümierte Graz-Coach Mike Zettel nach dem unglücklichen Ausscheiden.Durchaus meisterlich präsentierten sich hingegen die Fans im etwas veralteten Libenauer Eisbunker. Über die ganze Saison schafften sie mit unvergleichlicher Stimmung und Lichtermeeren, eine für österreichische Verhältnisse, einzigartige Atmosphäre.

Mit großen finanziellen Problemen und einem kleinen Kader startete der EHC Superfund Black Wings Linz in die heurige Spielzeit. Vier der fünf erlaubten Legionärsposten wurden an Verteidiger vergeben. Die Frage: Wer in Linz die Tore erzielen soll? , blieb dadurch bis zum Saisonende unbeantwortet. Neben den Austro-Kanadiern Kent Salfi und Marc Szücs zierten vor allem junge österreichische Stürmer die Angriffsreihen der Black Wings. Ab und an waren die Linzer für eine Überraschung gut, doch die Breite an erstligatauglichen Spielern war bei den Black Wings dieses Jahr einfach nicht vorhanden. Nach den schwachen Leistungen wurde Trainer Dr. Stanislav Barda noch vor Weihnachten von Kurt Harand abgelöst und dieser schaffte es kurzfristig die Mannschaft wieder auf Play Off Kurs zu bringen. Doch die Ausfälle einiger Stammspieler konnten, vom an sich schon spärlich besetzten Kader, nicht kompensiert werden. Die sportlichen Leistungen der Black Wings rückten in diesem Jahr durch die prekäre finanzielle Situation aber sowieso deutlich in den Hintergrund. In die Schlagzeilen kamen die Black Wings meist nur durch Probleme mit finanziellen Altlasten und ausstehenden Spielergehältern. Schade für das Linzer Eishockeypublikum aber durchaus bezeichnend für die unprofessionelle Führung einiger österreichischer Erstligaklubs. Kurz nach Saisonende wurde der Verein als Sportunion EHC LIWEST Black Wings Linz neu gegründet und erhielt die Spielgenehmigung für die kommende Spielzeit der Erste Bank Eishockey Liga.

Über Geld muss man sich in Salzburg keine Gedanken machen. Red Bull Eigner Dietrich Mateschitz steht an der Basis für eine erfolgsversprechende Salzburger Eishockeyzukunft. Nach jahrelanger Aufbauarbeit in der zweiten Liga wagten die Red Bulls heuer den Aufstieg in die höchste österreichische Spielklasse. Trotz der sieben Legionäre war ein Play Off Platz für die Red Bulls, über die ganze Saison hinweg, in weiter Ferne. Durch die nicht vorhandene Breite qualitativ hochwertiger heimischer Spieler, zahlreicher Fehlgriffe bei der Legionärswahl und das fehlende Durchsetzungsvermögen von Trainer Jorma Siitarinen (musste am 22.12.2004 seinem Co-Trainer Kjell G. Lindqvist Platz machen) reichte es für die Red Bulls am Ende nur zum letzten Platz. Das Engagement der NHL-Cracks Chouinard (wurde nach kurzer Zeit wieder rausgeworfen), Reasoner (Edmonton Oilers) und Pandolfo (New Jersey Devils) brachte zwar etwas NHL-Luft in die Salzburger Eisarena, doch keiner der drei Stars vermochte das Spiel der Red Bulls einschneidend zu prägen. In der Mozartstadt liefen die Vorbereitungen für die neue Spielzeit aber schon vor Beendigung der aktuellen Saison auf Hochtouren. Erster Schritt: Die Verpflichtung des schwedischen Top-Trainers Hardy Nilsson.

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