(Eishockey World, Februar 2005)
Miroslav Šatan beeindruckt nicht nur durch perfekte Schlittschuhtechnik, überragende Spielübersicht und eine ausgefeilte Schusstechnik. Den meisten Eishockeyfans ist der Anblick der Nummer 81 unter dem Namenslogo „Šatan“ sicher ein Begriff. Der Name, der im Deutschen als auch im Slowakischen, natürlich nur mit dem Herrscher der Unterwelt assoziiert wird, beherbergt allerdings ein kleines, dämonisches Missverständnis. Der umgedrehte circumflex über dem „Š“, der in slawischen Sprachen Betonung signalisieren soll (bei uns Hacek genannt), nimmt dem Namen des überragenden Stocktechnikers Miroslav Šatan seine diabolische Bedeutung und lässt den Herrn der Unterwelt zu einem der besten slowakischen Eishockeyexporte des letzten Jahrzehnts werden. Miroslav Šatan (gesprochen Scha - Than), Torjäger der Buffalo Sabres und Kapitän des Slowakischen Nationalteams präsentiert sich privat auch keineswegs diabolisch und Scherze über seinen Nachnamen kennt er schon seit seiner Kindheit. Im Eisrink wirkt der sympathische Slowake aber oft wie vom Teufel geritten und sein Name löst, vor allem bei gegnerischen Torhütern, höllische Angstzustände aus.
Aber auch mit seiner Rückennummer 81 hat es eine unausweichlich magische Bewandtnis. Angefangen hat der Spuk um Šatans Rückennummer schon im zarten Alter von 18 Jahren. Beim Militärsportklub Dukla Trencin wurden NHL Scouts, 1992, erstmals auf den rechten Flügelstürmer mit Trikotnummer 18 aufmerksam. Bereits am Ende dieser Saison wurde Šatan von den Edmonton Oilers in der fünften Runde an 111ter Stelle des entry drafts gepickt und nach Ableistung seines Militärdienstes wagte er ein Jahr später den Sprung über den großen Teich. Nach einem Jahr Anlaufzeit in diversen Farmteams scorte er, im Oktober 1995, in seinem ersten NHL-Spiel auch gleich seinen ersten Scorerpunkt und erzielte in der gesamten Saison 18 Tore. Am 18 März 1997 dann der Wechsel den der Slowake nie mehr bereuen sollte. Im Tausch gegen Barrie Moore und Craig Millar kam Miroslav Šatan zu den Buffalo Sabres um bereits in der darauf folgenden Saison als punktebester Spieler seiner Mannschaft den endgültigen Durchbruch zum NHL-Star zu schaffen. Das einzige was ihm in dieser Saison verwährt blieb war das Trikot mit der Nummer 18. „Ich spielte immer mit der 18, aber als ich nach Buffalo kam war die Nummer (durch Michal Grosek) schon besetzt, so entschied ich mich für die 81, weil es die 18 umgedreht ist“ Hier endet also die Geschichte mit der magischen 18, was aber keineswegs mit dem Ende der Eishockeykarriere von Miroslav Šatan zusammenhängt; die hat mit dieser Saison erst richtig begonnen.
Mit Ausnahme der Saison 2003/2004 (Daniel Briere) war Šatan in der regular season immer Punktebester seines Teams. Nur Hall-of-Famer Gilbert Perreault erzielte für Buffalo öfters mehr Punkte in einer regulären Saison. In den angeführten All-Time Kategorien der Sabres ist die Nummer 81 fünf Mal unter den Top Ten vertreten (Goals, Points, Game Winning Goals, Hattricks, Shots). Außerdem ist Šatan mit 519 Scorerpunkten hinter Stastny, Palffy und Stumpel der viertbeste slowakische Spieler in der Geschichte der NHL. 1999 stand der Slowake schon knapp vor dem Erreichen seines Kindheitstraums. Šatan führte die Buffalo Sabres (damals mit Juneau, Zhitnik, Peca, und Hasek) ins Stanley Cup Finale gegen die Dallas Stars. Im zweitlängsten Overtime-Spiel der Stanley Cup Finals Geschichte kassierten die Sabres, in der dritten Overtime nach 14.51, einen bis zum heutigen Tage heftig umstrittenen Treffer durch Brett Hull. „Für mich sicher die größte Enttäuschung meiner bisherigen Eishockeykarriere, “ beichtet der Slowakische Superstar.
Sein Engagement bei Slovan Bratislava, knapp vor Weihnachten, kam im Vergleich zu einigen seiner NHL-Kollegen relativ spät. Alle Angebote aus Europa wurden anfänglich ausgeschlagen, da der mittlerweile 30jährige mit einer baldigen Einigung in der NHL rechnete. „Anfragen aus der Schweiz (kolportierte 38 000 Euro pro Monat waren den Kloten Flyers doch zuviel), Schweden und auch Russland gab es schon, doch ich dachte mir es macht keinen Sinn nur für ein paar Matches nach Europa zu kommen. Ich hoffe nach wie vor auf einen baldigen Start der NHL-Saison, und wenn wir nur 20 Spiele in der regular season machen. Es ist besser eine Saison zu haben als keine.“Die Monate vor Weihnachten überbrückte der rechte Flügelstürmer beim Training mit einigen Mannschaftskollegen in Buffalo. „Ich war in der Woche mindestens dreimal auf dem Eis, aber das Spielen ging mir schon ab.“ Ob es heuer noch etwas mit der Saison wird weiß, nach seinen Worten, zu diesem Zeitpunkt wirklich niemand, doch das aktuellste Angebot mit besser dotierten Rookie-Verträgen und dem neuen Vorschlag des Collective Bargaining Agreements stimmen den Slowaken positiv für die weitere Entwicklung der NHL. „Die Ungereimtheiten zwischen NHLPA und Klubbesitzern werden sicher aus dem Weg geräumt und die NHL wird weiter existieren.“ Mit einem Gehalt von 5,25 Millionen Dollar pro Jahr muss man schließlich an den Fortbestand der nordamerikanischen Profiliga glauben und ein großes Ziel hat der Slowake ja auch noch vor Augen. „Der Gewinn des Stanley Cups ist für mich sportlich gesehen sicher das größte Ziel.“
An seinen bisher größten Erfolg erinnert sich Šatan gerne zurück. „Am Beginn meiner Karriere hab ich immer davon geträumt im Nationalteam zu spielen. Der Weltmeistertitel 2002 in Göteborg war unbeschreiblich. Keiner hat im Vorfeld damit gerechnet, dass wir den Titel holen können. Ich würde dies sicher als mein schönstes Eishockeyerlebnis bezeichnen.“
Im Trikot der Nationalmannschaft blüht Šatan immer besonders auf und seine hervorragenden Leistungen und Teamplayer-Fähigkeiten brachten ihm im Jahr 2000 die Kapitänsrolle ein. „Es ist für alle Spieler eine große Ehre, unsere Farben bei der Weltmeisterschaft zu vertreten.“ Bereits bei seinem Debüt im Olympiaturnier 1994 in Lillehammer erzielte der damals 19jährige neun Tore in acht Spielen. Nach dem Gewinn der Silbermedaille 2000 in St. Petersburg, holten die Slowaken unter seiner Führung im Jahr 2002 in Göteborg erstmals in der Geschichte der noch jungen Republik unerwartet Gold. Šatan wurde punktebester Spieler des Turniers und mit dem „Most Valuable Player“-Award ausgezeichnet. 2003 in Helsinki reichte es immerhin für Bronze und bei den Titelkämpfen 2004 in Prag scheiterten die Slowaken unglücklich im Semifinale.
Falls die NHL ihren Spielbetrieb heuer nicht mehr aufnimmt, sieht Šatan für die kommenden Weltmeisterschaften in Wien ein „großartiges Turnier“ voraus. „Entweder es gibt heuer die besten Weltmeisterschaften der Geschichte oder die schlechtesten.“ Nach dem enttäuschenden Abschneiden beim letztjährigen World Cup ist bei der slowakischen Mannschaft auf jeden Fall Wiedergutmachung angesagt. Die Nummer 81 ist überzeugt, dass unter gegebenen Umständen, die Creme de la Creme des slowakischen Eishockeys in der Alpenrepublik auf Titeljagd geht.
Monday, January 16, 2006
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